Heimliche Helden
Das Genie alltäglicher Dinge
20.08.2010 - 19.09.2010
Wir benützen sie tagtäglich. Sie prägen unser Leben. Sie existieren milliardenfach. Sie sind so selbstverständlich, dass wir kaum einen Gedanken an sie verschwenden: Die heimlichen Helden des Alltags. Ob Dübel, Teebeutel oder Reißverschluss, es sind Klassiker, die meist auf eine ebenso einfache wie geniale Idee zurückgehen und die seit Jahrzehnten im Kern unverändert geblieben sind. Mit ihrer Beständigkeit, ihrer effizienten Materialverwertung und ihrem hohen Gebrauchswert sind sie Musterbeispiele für Nachhaltigkeit und für die Ästhetik des Nützlichen. Mit der Ausstellung „Heimliche Helden. Das Genie alltäglicher Dinge“ präsentierte das Vitra Design Museum gemeinsam mit Hi-Cone 36 diesen Alltags-Klassiker, informierte über ihre Geschichte und zeigte, welche enorme Bedeutung sie heute haben, ideell und wirtschaftlich.
Zu den heimlichen Helden zählen Dinge, die sich über Jahrzehnte, quasi evolutionär, aus dem Industrialisierungsprozess heraus entwickelt haben, die dabei zahlreiche Variationen hervorgebracht haben, bis sie schließlich eine Form erreichten, die heute kaum noch zu verbessern scheint, wie etwa bei der Büroklammer. Darunter sind aber auch Dinge, die auf den spontanen Einfall eines Einzelnen zurückgehen und bei denen es vom Gedankenblitz des Erfinders bis zur Serienreife nur wenige Jahre dauerte: So zum Beispiel der minimalistische Multipack-Carrier von Hi-Cone, den der amerikanische Ingenieur Jules Poupitch um 1960 aus Kunststoff entwickelte – ein praktischer Dosenhalter, den es heute in leicht abgewandelter Form auch für Flaschen gibt.
Der Blick auf die heimlichen Helden lohnt sich auch deshalb, weil sich an ihren Geschichten größere Zusammenhänge der Kultur- und Industriehistorie ablesen lassen. So erzählt die Geschichte des Bleistiftes etwas von der Demokratisierung der Bildung und des Schreibens, die Konservendose von der Industrialisierung der Lebensmittelverarbeitung und der allgegenwärtige Überseecontainer von Globalisierung und weltweitem Warentausch. Das Post-It verbreitet sich als kleine Haftnotiz beinahe zeitgleich und erfolgreich mit dem Computer, weil es im Zuge der digitalen Textverarbeitung letzte Freiräume für handschriftliche Anmerkungen erhält. Und aus den Produktionszahlen des über 100 Jahre alten Druckknopfes oder des Mitte des 20. Jahrhunderts von George de Mestral erfundenen Klettverschlusses, lassen sich wiederum Rückschlüsse über den Wandel der Mode und die zunehmende Lockerung von Modekonventionen ziehen.
Standards haben manche der heimlichen Helden zudem auf sprachlicher Ebene geschaffen, etwa wenn sich Markennamen zum Gattungsbegriff entwickelt haben: Die 1929 gegründete Marke Tempo ist in Deutschland zum Inbegriff des Papiertaschentuchs geworden, die Produkte des Unternehmens Tetra Pak sind Vielen ein Synonym für Getränkekartons aus Verbundpappe und dank der Firma Weck wird bis heute statt vom Einkochen vom Einwecken gesprochen.
„Heimliche Helden. Das Genie alltäglicher Dinge“ ist eine Ausstellung des Vitra Design Museums in Zusammenarbeit mit Hi-Cone.
Ausstellungstournee
02.04.2015 - 14.06.2015, Irish Design 2015, Dublin Castle Coach House, Irland
17.10.2014 - 05.01.2015, Xcelsior, Riga, Lettland
23.02.2014 - 11.05.2014, Museum of Design Atlanta, Georgia, USA
17.10.2013 - 02.02.2014, San Jose Museum of Art, San Jose, California, USA
13.04.2013 - 27.09.2013, MIT Museum, Cambridge, Massachusetts, USA
07.07.2012 - 21.10.2012, Gewerbemuseum, Winterthur, Schweiz
08.11.2011 - 05.06.2012, Science Museum, London, Großbritannien
21.07.2011 - 16.10.2011, Gelbes Haus, Flims, Schweiz
12.02.2011 - 25.05.2011, Designhuis, Eindhoven, Niederlande
19.08.2010 - 19.09.2010, Buckminster Fuller Dome Vitra Campus, Weil am Rhein, Deutschland