Objection!

Protest by Design
26.02. – 29.05.2016

Vitra Design Museum Gallery

Am 28. September 2014 kam es in Hongkong zu spontanen Studentenprotesten gegen eine angekündigte Wahlrechtsreform. Die internationalen Medien berichteten nicht nur über die Demonstranten, sondern auch über ihre vielfältigen selbstgestalteten Objekte und Infrastrukturen. Aus Alltagsgegenständen entstanden Barrikaden, Obdach und Skulpturen. Mit Regenschirmen, die der Bewegung den Namen »Umbrella Movement« gaben, schützten die Protestierenden sich gegen Tränengaseinsätze der Polizei. Die Ausstellung in der Vitra Design Museum Gallery präsentiert diesen Akt des zivilen Ungehorsams durch Objekte und Projekte, die von der Bewegung hervorgebracht wurden. So verdeutlicht die Ausstellung, dass Design nicht nur Produkte formt und definiert, sondern auch Motor für Veränderungen in Politik und Gesellschaft sein kann.
Die Proteste brachten nicht nur der Stadt große Aufmerksamkeit, sondern regten auch Künstler, Designer sowie die breite Öffentlichkeit dazu an, sich kreativ an den Protesten zu beteiligen. Informelles Design kennzeichnete auch schon frühere Proteste in Hongkong, von denen die meisten aber nur von kurzer Dauer waren. Das sogenannte »Umbrella Movement« war weitreichender und dauerte länger an – die drei großen Protestzonen wurden nach 79 Tagen am 15. Dezember 2014 geräumt. Die Bewegung schuf Orte, an deren Gestaltung sich sowohl die Aktivisten selbst als auch die breite Öffentlichkeit durch Kreativität beteiligen konnten. Über die sozialen Medien sendeten Demonstranten nicht nur ihre Informationen in die Welt, sondern stießen auch einen gemeinschaftlichen gestalterischen Prozess an, der sich während der Proteste ausweitete und immer mehr Raum in Anspruch nahm.
»Objection! Protest by Design « zeigt anhand von Fotografien, Modellen, Plänen, Objekten und Videos unterschiedliche Aspekte der Proteste auf. Die Ausstellung ist thematisch in drei Bereiche untergliedert:
Der Bereich Design & Community beschäftigt sich mit digitalen Werken und mit innovativem, sozialkritischem Design, sowie den Ad-hoc-Objekten, die während der gesamten Protestzeit entstanden. Es werden Fotos, Videos und Dokumentationen gezeigt, von denen viele auch während der Proteste im Internet veröffentlicht wurden. Diese ermöglichen einen Blick auf die Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven. So projizierte etwa die »Add Oil Machine « der Honkonger Gruppe Stand By You über 70 Tage lang Tausende von Nachrichten aus aller Welt an die Wand der Zentralregierung, während die Aktion »Make a Paper Umbrella to show your support« eine Faltanleitung für einen Regenschirm aus Papier im Internet zur Verfügung stellte, durch den Bürger ihre Unterstützung deutlich machen konnten. Gleichzeitig umreißt dieser Bereich die komplexe Organisation der Proteste durch eigens ins Leben gerufene Internetseiten.
Unter dem Titel Public & Private wird gezeigt, wie die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Raum während der Demonstration verschwammen und neu definiert wurden. Viele Demonstranten lebten in dieser Zeit auf den Straßen des besetzten Stadtgebiets. Sie errichteten Barrikaden, um eine Sicherheitszone zu schaffen und bauten eine Art Zeltstadt für mehr Privatsphäre. Aus Regenschirmen wurden provisorische Dächer zwischen Fußgängerwegen gebaut, wodurch öffentlicher Raum symbolisch privatisiert wurde. Die zweckmäßigen und informellen Strukturen, die während der Proteste entstanden, illustrieren auf neue Weise die Grundstrukturen, die zum Zusammenleben von Menschen notwendig sind.
Im Ausstellungsbereich Spotless wird der umsichtige Umgang der Demonstranten mit dem öffentlichen Raum dargestellt. Im Gegensatz zu anderen Protestaktionen andernorts, bei denen beispielsweise Botschaften an Wände gesprüht und Strukturen zerstört werden, blieb der öffentliche Raum Hongkongs unbeschädigt. So wurde im Zentrum des Protestgebiets eine Wand für Kurznachrichten etabliert, die nach der berühmten Lennon Wall in Prag benannt wurde. Tausende von bunten Haftnotizen mit Botschaften wurden dort aufgehängt, um Nachrichten auszutauschen und um zur Unterstützung der Proteste aufzurufen. Auch organisierten die Demonstranten ein eigenes Müllentsorgungssystem.
Konzipiert von den Gastkuratoren Rony Chan und Michael Leung, die unter dem Namen MIRO in Hongkong ein interdisziplinäres Designstudio betreiben, zeigt die Ausstellung die Arbeiten und Stimmen von etwa 20 Designern, Aktivisten, Künstlern und Theoretikern.