Ettore Sottsass – Rebell und Poet
14.07. – 24.09.2017
Schaudepot
Dieses Jahr wäre er 100 Jahre alt geworden: Der österreichisch-italienische Designer Ettore Sottsass (1917-2007) war einer der bedeutendsten und gleichzeitig unkonventionellsten Gestalter des 20. Jahrhunderts. Bekannt wurde er für seine Entwürfe für den Bürogerätehersteller Olivetti, für poetisch-minimalistische Objektskulpturen und als Kopf des Designkollektivs Memphis in den 1980er Jahren. In seiner langen Karriere bewegte sich Sottsass in verschiedenen Disziplinen und hinterließ ein faszinierendes Gesamtwerk, das mit vielen Objekten in der Sammlung des Vitra Design Museums vertreten ist. Die Ausstellung im Vitra Schaudepot zeigt Sottsass‘ Werk anhand von rund 30 Möbeln, Produkten, Fotografien und Schriften. Sie würdigt einen großen Designer, der sich von Form und Funktion nicht einschränken ließ, sondern mittels Gestaltung die Grundprinzipien des Menschseins erforschte.
Sottsass‘ berühmteste Werke sind seine Möbel für die Gruppe Memphis, die in den 1980er Jahren Furore machte und wegweisend für die Formensprache des postmodernen Designs wurde. Die schrillen Farben, Muster und Formen der Memphis-Objekte waren inspiriert von Motiven aus dem Alltag, der Popkultur und den außereuropäischen Kulturen, die Sottsass auf vielen Reisen seit den 1960er Jahren kennengelernt hatte. So entstanden ikonische Objekte wie das Bücherregal Carlton (1981), die Leuchten Ashoka (1981) und Tahiti (1981), sowie der Schreibtisch Tartar (1985) – Objekte, die in Kommunikation mit dem Betrachter treten und sich vom funktionalistischen Designansatz befreien sollten.
Das bahnbrechende Designvokabular der Memphis-Entwürfe hatte sich in Sottsass‘ Werk jedoch schon seit den 1950er Jahren angedeutet. So entwickelte er bereits als künstlerischer Leiter des Möbelherstellers Poltronova (1958-1974) mittels expressiver Kombination von Farben und Strukturen eine für ihn typische Handschrift im Möbeldesign. Während seiner langjährigen Tätigkeit als Designer für Olivetti (ab 1957) entstanden legendäre Objekte wie die Schreibmaschine Valentine (1969), die zu einem Symbol des Pop-Designs wurde. Seine vielbeachtete Entwicklung setzte Sottsass in den 1970er Jahren fort, ob als Teilnehmer der Ausstellung »Italy: The New Domestic Landscape« im Museum of Modern Art (1972), als zentrale Figur der Designinitiative Global Tools (1973-1975) oder als Mitglied des Designkollektivs Alchimia (1976-1980). Immer wieder versuchte Sottsass dabei, den etablierten, bürgerlichen Geschmack mit poetischen und unkonventionellen Objekten herauszufordern.
Die Ausstellung veranschaulicht diese Entwicklung anhand von Schlüsselwerken aus den frühen Perioden, wie zum Beispiel mit dem Sofa Califfo (1964), der Kommode Kubirolo (1966-67) und Stücken aus der Möbelserie Mobili Grigi (1970) für Poltronova, oder mit seltenen Objekten wie dem Sessel Tappeto volante (1974), der Sottsass‘ anscheinend schwerelose Verbindung aus Popkultur und der Spiritualität der Hippie-Ära illustriert. Objekte wie der Stuhl Seggiolina da Pranzo (1979-80) für Alchimia und etliche spektakuläre Memphis-Objekte zeigen, wie Sottsass schließlich zu einer ganz eigenen Formensprache fand.
Ergänzt wird die Ausstellung um Auszüge aus den zahlreichen poetisch-literarischen Texten, die Sottsass verfasste, sowie Fotografien aus der Serie Metafore (1972-1979), die Sottsass‘ Suche nach Sinnhaftigkeit und Antworten zu fundamentalen Fragen der Gestaltung deutlich machen. Sie zeigen, dass Sottsass‘ Interesse an Spiritualität und archaischen Kulturen zur direkten schöpferische Quelle für seine Entwürfe für Alchimia, Memphis, und selbst für einen Industriegüterhersteller wie Olivetti wurde. Nur so wurde Sottsass zu dem, was ihn aus der Designgeschichte des 20. Jahrhunderts heraushebt: zu einem Rebellen und Poeten, der unseren Alltag bereichert.
Opening Talk (EN) | 13. Juli 2017 | 18:30 Uhr
Poet and Rebel: Ettore Sottsass and the Memphis Legacy
Guest Speaker: Aldo Cibic / Architect, Designer and Co-Founder of Memphis
Schaudepot
Kuratorenführung (DE) | 06. September 2017| 10 Uhr
Kuratorin Heng Zhi führt durch die Ausstellung.
10,00 € pro Person