»Mir geht es darum, Solartechnologie so menschlich und inklusiv zu gestalten, dass sie ein selbstverständlicher Teil unseres Alltags wird.«
Interview mit Marjan van Aubel
Die Niederländerin Marjan van Aubel ist eine der renommiertesten Designschaffenden der jüngeren Zeit. Ihre intelligenten Designlösungen integrieren Solarzellen in Möbel, Fenster und andere Alltagsgegenstände und leisten so einen praktischen Beitrag zu einer nachhaltigeren Zukunft.
Jochen Eisenbrand: Sie bezeichnen sich als Solardesignerin. Wie sind Sie überhaupt zur Solarenergie gekommen?
Marjan van Aubel: Solarenergie hat mich schon immer begeistert. Wie das Sonnenlicht auf eine Oberfläche trifft und diese dadurch ihren Zustand ändert: Das ist ein faszinierendes physikalisches und wissenschaftliches Phänomen. Aber wenn man sich dann diese sehr technisch anmutenden blauen Solarpaneele ansieht, dachte ich immer, dass das doch besser gehen muss. Während meiner Abschlussarbeit war ich in der Schweiz und habe dort zum ersten Mal Farbstoffsolarzellen gesehen. Sie sind richtig schön! Diese Entdeckung war ein Wendepunkt für mich. Von da an setzte ich mich intensiv mit Solarenergie auseinander und beschloss dann irgendwann, mich ausschließlich dieser Technologie zu widmen, weil ich das Gefühl hatte, dass es da einen Bedarf gibt. Das ist jetzt sieben Jahre her.
In unserer Museumssammlung haben wir ein Stück aus Ihrer Energy Collection. Das war Ihr Masterprojekt am Royal College of Art. Können Sie kurz erklären, wie es funktioniert?
Die Energy Collection umfasst Becher, Teller und einen Krug aus Glas mit integrierten Farbstoffsolarzellen. Diese Solarzellen hat Michael Grätzel an der École Polytechnique Fédérale in Lausanne erfunden. Ihre Funktionsweise ähnelt der pflanzlichen Photosynthese. Während das grüne Chlorophyll von Pflanzen Licht in Zucker umwandelt, wandeln diese Zellen Licht in Energie um. Wird das Geschirr gerade nicht benutzt, stellt man es in eine spezielle Vitrine, die wie eine Batterie die Energie aus den Solarzellen aufnimmt und speichert. Damit kann man eine kleine Lampe oder ein Telefon betreiben oder laden.
Sie arbeiten bereits seit einigen Jahren mit erneuerbaren Energien. Welche Entwicklungen in diesem Gebiet waren für Ihre Arbeit besonders wichtig?
Vor zehn Jahren war es noch schwierig, gemeinsame Projekte mit Unternehmen und der Industrie zu entwickeln, weil sie in ganz anderen Dimensionen denken. An Kunst- und Designprojekten hatten sie daher nur wenig Interesse. Das ist heute ganz anders. Früher musste ich auf die Industrie zugehen und versuchen, sie zu überzeugen. Jetzt kommt die Industrie auf mich zu.
Berücksichtigen Sie bei Ihren Entwürfen, woher die Materialien für die Solarzellen stammen und was nach dem Ende des Produktlebenszyklus mit ihnen geschieht?
Ja, das finde ich sehr wichtig. Die herkömmlichen Silizium-Solarzellen versuche ich zu vermeiden, weil oft nicht klar ist, wo und unter welchen Bedingungen das Material gefördert wurde. Ich bevorzuge Farbstoffsolarzellen und organische Photovoltaik. Diese Zellen bestehen aus recyceltem Kunststoff, und wenn sie nicht mehr gebraucht werden, kann man sie in ihre Bestandteile zerlegen. Die Lampe Sunne, die ich entworfen habe, kommt zum Beispiel ohne Klebstoffe aus. Ihre Solarzellen halten 40 Jahre lang und ihre Batterien können ganz einfach ersetzt werden.
In den Niederlanden laufen eine Menge spannender Projekte im Bereich Design und erneuerbare Energien. Warum ist Ihr Land auf diesem Gebiet so stark?
Wahrscheinlich haben wir einfach eine innovative Grundhaltung. Fast die gesamte niederländische Landschaft wurde von Menschenhand gestaltet. Es gibt keine unberührte Natur. Wir haben auch nicht sehr viel Platz, also müssen wir Raum und Materialien effizient nutzen. Vielleicht gibt es deshalb bei uns sogar ein »Waisenhaus« für Solarzellen. Werden Solarzellen nicht mehr gebraucht, bringt man sie dort hin. Dadurch können öffentliche Einrichtungen, zum Beispiel Schulen, Solarzellen aus zweiter Hand beziehen.
Alle Informationen zur Ausstellung »Transform! Design und die Zukunft der Energie« finden Sie hier.